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(c): Stephan Röhl
Wie weist man die wissenschaftliche Qualität von Citizen-Science-Daten nach? Erkenntnisse aus dem Projekt „Plastic Pirates – Go Europe!“
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Mit dem Ansatz der Bürgerwissenschaften (engl.: Citizen Science) können durch die Hilfe vieler Freiwilliger umfangreiche Daten erhoben werden. Viel mehr, als ein einzelnes Forschungsteam in einem absehbaren Zeitraum je erheben könnte! So ist es auch im Projekt „Plastic Pirates – Go Europe!“. Hier sammeln Schulklassen und Jugendgruppen in ganz Deutschland Daten zu Müllfunden an und in Flüssen. Die gewonnenen Informationen werden in einer zentralen Datenbank hochgeladen und anschließend von Wissenschaftler:innen ausgewertet. Damit die Erkenntnisse auch innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft anerkannt werden, muss jedoch zuerst die Qualität der gewonnenen Daten nachgewiesen werden. Tatsächlich werden die Korrektheit und Vergleichbarkeit von Citizen-Science-Daten oftmals stark angezweifelt, da die Teilnehmenden – in unserem Fall Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren – meist (noch) keine gründliche wissenschaftliche Ausbildung erhalten haben.

Im Projekt Plastic Pirates haben wir schon viele Erfahrungen damit gesammelt, dass Schüler:innen wissenschaftlich relevante Daten erheben. Daher wissen wir, dass das ganz wunderbar funktionieren kann! Mit unserer Forschungsarbeit setzen wir uns dafür ein, dass passende und praktikable Verfahren entwickelt werden, um die Qualität der von Bürger:innen erhobenen Daten zu prüfen und nachzuweisen. Dafür haben Sinja Dittmann und Tim Kiessling von der Kieler Forschungswerkstatt das genaue Vorgehen im Projekt Plastic Pirates auf der Konferenz Engaging Citizen Science im April 2022 in Aarhus, Dänemark, präsentiert.

So ist es insbesondere wichtig, prägnante Forschungsfragen zu formulieren, begleitendes Lehrmaterial anzubieten und ein einheitliches, standardisiertes Probenahmeverfahren anzuwenden, welches in seiner Komplexität reduziert ist, womit potentielle Fehler während der Probennahme minimiert werden. Wichtig ist auch, bei den Probenahmen im Feld konsequente Kontrollmechanismen einzubauen. Daher werden bei den Plastikpiraten beispielsweise die ausgezählten Müllobjekte nicht nur schriftlich festgehalten, sondern zusätzlich auch Fotos von den sortierten Müllfunden gemacht. Dadurch lassen sich die Ergebnisse auch später von den Wissenschaftler:innen noch einmal genau abgleichen. Um die Daten schließlich nach der Ergebnisanalyse zu veröffentlichen, muss transparent gemacht werden, welche Datensätze von der Analyse ausgeschlossen wurden und warum. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die hohe Qualität der bürgerwissenschaftlichen Daten aus dem Projekt Plastic Pirates nur durch eine umfassende Planung vor, während und nach der Datenerhebung gewährleistet werden konnte.

Mithilfe der oben beschriebenen Strategien zur Qualitätssicherung ist es den Wissenschaftler:innen im Projekt Plastic Pirates bereits mehrfach gelungen, ihre Forschungserkenntnisse in hochrangigen wissenschaftlichen Fachzeitschriften zu veröffentlichen (z.B. in der Environmental Pollution und in der Science of the total Environement). Die Vorgehensweise und die entscheidenden Faktoren für die Akzeptanz in der wissenschaftlichen Gemeinschaft haben Sinja Dittmann und Kolleg:innen noch einmal ausführlich im Konferenzbericht dargestellt (nachzulesen hier). Der Beitrag bietet eine gute Orientierung und Anregungen für andere Citizen-Science-Projekte.

Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 wurde die Kampagne auf die Länder der Trio-Ratspräsidentschaft erweitert und im Zeitraum 2020 bis 2021 als gemeinsame Aktion der Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsministerien Deutschlands, Portugals und Sloweniens durchgeführt. Seit 2022 wird die Ausweitung der Plastic Pirates von der EU-Kommission unterstützt, sodass im Herbst 2022 synchronisierte Probenahmen in insgesamt zehn europäischen Ländern stattfinden können.